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Auf Bitte einer meiner Schwestern versuche ich hier eine allgemeinverständliche Darstellung der Ionosphäre:
Die
Ionosphäre heißt
das Buch meines Vaters Prof. Dr. Karl Rawer, das er 1953 schrieb. Es ist
heute Standardwerk für alle Physiker, die sich mit der Ionosphäre beschäftigen. Ionen
sind elektrisch geladene Teilchen, Teile von Molekülen oder Atomen. Die
Lufthülle der Erde (78% Stickstoff, 21% Sauerstoff, ~1% Edelgase) wird
nach oben (=außen) immer dünner. Bis ca. 5 km ist sie für den
Menschen ohne Sauerstoff erträglich, nur Extremsportler gelangen bis
8000 m ohne ihn. Düsenflugzeuge (ohne Raketenantrieb) fliegen heute um
20km hoch, der Weltrekord liegt derzeit bei ca. 30 km.
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Je
stärker die Strahlung von der Sonne ist, desto stärker reicht die
betroffene Schicht nach unten, auf die Erde zu. Die Sonne strahlt nicht
gleichmäßig, es gibt einen 12-jährigen Sonnenfleckenzyklus. Dazu
kommen aber noch Ausbrüche auf der Sonnenoberfläche (Protuberanzen),
die eine härtere Strahlung aussenden. Die Sonnenflecken, die man mit
optischen Mitteln sehen kann, sind die Zentren von solchen Unregelmäßigkeiten.
Was da genau auf der Sonne bewirkt wird, wird noch immer erforscht. Rein theoretisch wäre auch denkbar, dass ein besonders heftiger Ausbruch auf der Sonne die Erdatmosphäre einmal wegbläst. Das wäre in Kürze das Ende allen Lebens, denn die gefährliche Sonnenstrahlung könnte dann ungebremst in die Körper der Lebewesen eindringen und auch dort Moleküle aufspalten, zerreißen, zerstören. Das tut sie auch heute kontinuierlich, aber die Lebewesen haben gelernt, diese gefährlichen (Krebs-)Zellen zu vernichten, solange ein bestimmtes Maß nicht überschritten wird. (Wir sind dauernd Neutronenstrahlung, geringer radioaktiver und elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt. Die gehen durch uns hindurch und erzeugen "kaputte" Zellen, die von der körpereigenen Abwehr ausgeschieden werden.)
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Die
Ionosphäre spiegelt Radiowellen Von
unten (der Erdoberfläche) aus betrachtet, wirkt die Ionosphäre wie
eine (unsichtbare) Wolkendecke. Sie ist allerdings nur von
Elektromagnetischen Wellen im "normalen" Wellenbereich
(Langwellen, Mittelwellen, Kurzwellen) sichtbar. Ultrakurze Wellen (UKW)
gehen durch sie hindurch. Die normalen Wellen werden daran gespiegelt
(Vergleichbar mit Laserlicht an tiefen Wolkendecken) Man kann also z.B. Radiosendungen nicht nur dort empfangen, wo man Sichtverbindung zum Sender hat, sondern auch überall dort, wo die gespiegelten Radiowellen hingelangen (mit einer Höhe von ca. 80 km und der Erdkrümmung kann man den möglichen Radius errechnen. Diese "erste" Spiegelung reicht aber bei Weitem nicht um die Erde. Es kann auch vorkommen, dass die Wellen mehrfach reflektiert werden (zwischen Erdoberfläche und Ionosphäre hin und her). Man spricht dann von Überreichweiten. Diese treten aber nur bei bestimmten Situationen auf (bei denen auch verstärkt Nordlichter auftreten).
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Karl
Rawer und die Ionosphäre Während
des 2. Weltkrieges war es für Deutschland wichtig, Schiffe per Funk
(Kurzwelle) auch vor Amerika, sogar im Pazifik zu erreichen und natürlich
auch Sendungen von dort zu empfangen. Es war die oberste Aufgabe meines
Vaters, als er bei der Luftwaffenerprobungsstelle in Rechlin 1939
angesellt wurde, eine regelmäßige Vorhersage für die
Kurzwellenausbreitung zu machen. Das Problem hatte er theoretisch schon
in seiner Doktorarbeit gelöst und musste dies nun in die Praxis
umsetzen. Am Ende hat er Formeln und anwendbare Tabellen für diese
Vorhersage entwickelt, die noch heute benutzt werden (Daher wird er auch
der "Pabst der Ionosphäre" genannt). Allerdings ist mit der
Ausbreitung des UKW-Funks das Interesse an der Ionosphäre geschwunden.
Heute benutzen nur noch Amateurfunker und Spione die Kurzwelle. Nach
dem Krieg zeigten vor allem die Franzosen - die ja während der
deutschen Besatzung kaum wissenschaftlich arbeiten konnten, schon gar
nicht auf solch einem militärisch wichtigen Gebiet - großes Interesse
daran, ihn und seine Mitarbeiter in ihre Dienste zu nehmen. Auch Amerika wurde auf ihn
aufmerksam, kam aber nur wenige Stunden zu spät (siehe "Meine
Kinder umkreisen die Erde", Herderverlag, Freiburg). Er schlug sich
1946 in die französische Besatzungszone durch. Dort konnte er im Auftrag der französischen Marine ein Institut im requirierten Schloss in Neuershausen bei Freiburg aufbauen, was er ca. 10 Jahre lang betrieb (SPIM, vgl. Karl Rawer bei Wikipedia, von ihm selbst bearbeitet).
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Erste
Raketenstarts In
diese Zeit fielen die ersten Raketenstarts der Franzosen in der Sahara (Hamaguir).
Die Franzosen hatten wie alle Siegermächte deutsche Techniker und
Ingenieure angeheuert, die die Ergebnisse von Peenemünde
weiterentwickeln sollten. Vater erzählte, die Bedienungsmannschaften
bei den Raketenstarts waren überwiegend deutsch, man sprach dort auch
meist Deutsch. Dem Chef der
militärischen französischen Forschung unterstand auch die
Raketenforschung. Mein Vater erfuhr so von einem Raketenversuch, der nur
Ballast transportieren sollte. Er bot sich an, einen sinnvollen
"Ballast" in die Raketenspitze zu bauen: Ein Empfangsgerät,
das kontinuierlich die Radiowellen durchsuchte und die Intensität auf
Film aufnahm. Das war schon während des Krieges ein übliches Verfahren
gewesen (der Empfangsteil der Ionosonde). Besonders die nordafrikanischen Radiosender in den dortigen
Kolonien konnten als Vergleich herangezogen werden, da deren Feldstärke
am Boden in Hamaguir bekannt war. Der
Start war ein voller Erfolg, die Raketenspitze mit dem belichteten Film
wurde aber erst ein Jahr später von einer Militärstreife gefunden. Zum
ersten mal hatte man in
der Ionosphäre gemessen, bis dahin waren nur Ionosphärenmessungen vom
Boden aus möglich. Das war der Durchbruch für viele weitere Starts
mit den Franzosen in der Sahara, später auch in Kourou in französisch
Guayana, das heute europäischer Weltraumbahnhof ist. Nach
10 Jahren wurde Karl Rawers Institut an deutsche Stellen übergeben.Eer baute
in Breisach eine neue Ionosphärenstation auf. Parallel dazu unterhielt
er in Freiburg eine Arbeitsgruppe für physikalische Weltraumforschung,
aus der heute das Frauenhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM)
entstanden ist. (aus: Ionogram Interpretation and Reduction).
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Zusammenarbeit
mit Roy
Piggott
Karl Rawer wurde als Physiker nach dem Kriege von alliierten Stellen vernommen. Sein Vernehmungsoffizier war der britische Ionosphärenforscher Roy Piggott. Karl Rawer erzählte aber, von "Vernehmung" habe er nicht viel gemerkt, es sei eher ein Gedankenaustausch gewesen. Die beiden hatten auch später immer wieder miteinander zu tun und daraus wurde mit der Zeit Freundschaft. So konnte er auch Roy bitten, seine englischsprachigen Veröffentlichungen zu korrigieren. Das tat der auch, aber da er auch ein sehr penibler und genauer Mensch war, hat er die Artikel völlig umgemodelt, sodass sie ordentliches Englisch waren.
Ein Husarenstückchen hatte sich Roy Piggott schon kurz nach Kriegende geleistet: Er hatte seine Befehle der alliierten Kommission, so interpretiert, dass er die Forschungsgruppe um Walter Dieminger, der Karls Vorgesetzter in Rechlin gewesen war, in den britischen Sektor transportieren lies, weil er mit ihr mit seiner eigenen Gruppe in Slough zusammenarbeiten wollte. Er bekam deshalb einen strengen Verweis, nachdem ihm ein Kriegsgerichtsverfahren angedroht worden war. Aus dieser Gruppe wurde das Max-Planck-institut für Sonnensystemforschung.
Schon nach den ersten Vernehmungen bekundete Yves Rocard als Mitglied der alliierten Kommission sein Interesse an der Übernahme von Karl Rawers Gruppe. Dies gelang ihm auch: Vater war in Rottenburg an der Laaber bei seinem Onkel, der dort Pfarrer war, samt Familie untergekommen. Obwohl in amerikanischer Besatzungszone, zeigten diese erst einmal kein Interesse an ihm. Er stand wohl auf einer langen Liste von Gesuchten, man wurde aber eher zufällig auf ihn aufmerksam. Die Sekretärin des amerikanischen Ortskommandanten, einem Leutnant, machte Vater telefonisch an einem Wochenende darauf aufmerksam, dass man am Montag ihn besuchen wollte. Vater machte sich spontan illegal auf den Weg in die französische Zone.
Mit Roy Piggott war Karl Rawer in vielen wissenschaftlichen Vereinigungen zusammen: beide waren Mitglieder der URSI und dort in führenden Positionen. Sie organisierte darüber auch das internationale Geophysikalische Jahr 1957/58. Sie schrieben 1961 zusammen das URSI-Handbuch der Interpretation und Vereinfachung von Ionogrammen (URSI Handbook
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Quelle: Wikipedia: Ionosphäre (bearbeitet von Karl Rawer) Das Buch "meine Kinder umkreisen die Erde" von Karl Rawer ist leider vergriffen. |